FAQ’S
Wie Sie im Schadensfall vorgehen sollten
Warum einen unabhängigen Sachverständigen?
Grundsätzlich steht es dem Geschädigten frei, einen unabhängigen Sachverständigen seiner Wahl zur Beweissicherung und Feststellung von Schadenumfang und Schadenhöhe zu beauftragen.
Der geprüfte Kfz-Sachverständige ist neutral und überparteilich. Er verfügt über die notwendigen Werkzeuge, ist vorzüglich ausgebildet und mit allen Neuerungen auf seinen Fachgebieten vertraut.
Das gilt bei einem Haftpflichtschaden selbst dann, wenn die Versicherungsgesellschaft ohne Zustimmung des Geschädigten bereits einen Sachverständigen bestellt hat oder schickt. Die Kosten für das Sachverständigengutachten sind erstattungspflichtig durch den Schädiger oder seine Versicherungsgesellschaft. Ausnahmen sind so genannte Bagatellschäden. Nur die vollständige Beweissicherung über Schadenumfang und Schadenhöhe gewährleistet, dass dem Geschädigten die ihm zustehenden Schadenersatzansprüche in vollem Umfang erstattet werden. Die Höhe eines eventuellen Wertminderungsanspruches kann in der Regel erst durch ein Gutachten belegt werden. Die Beweissicherung über Schadenart und Schadenumfang wird in vielen Fällen auch dann benötigt, wenn es Streit um den Schadenhergang gibt.
Dem Geschädigten steht es frei, sich die Reparaturkosten vom Unfallgegner auf der Basis eines von ihm vorgelegten Schadengutachtens erstatten zu lassen (fiktive Abrechnung). Selbst wenn der Geschädigte eine Reparatur in einer Fachwerkstatt ausführen lässt, ist er nicht verpflichtet, zur Abrechnung des Unfallschadens die Reparaturkostenrechnung vorzulegen (Urteil BGH vom 06.04.1993, AZ VI ZR 181/92). Einwände des Schädigers, z. B. zur Schadenhöhe oder zu Vor- und Altschäden, können durch ein Gutachten entkräftet werden.
Beim Verkauf eines instand gesetzten Fahrzeuges ist die Tatsache eines Unfalles im Regelfall offenbarungspflichtig. Durch das Schadengutachten mit Lichtbildern kann einem eventuellen Kaufinteressenten der genaue Schadenumfang belegt werden. Nutzen Sie die Ihnen zustehenden Rechte in Ihrem eigenen Interesse und achten sie nicht nur auf eine schnelle, sondern auch eine vollständige Schadenregulierung. Wenn nötig, schalten Sie bei einem Unfall einen Rechtsanwalt ein.
Steht mir im Schadenfall ein unabhängiger Gutachter zu?
Ist Ihr Fahrzeug bei einem Verkehrsunfall unverschuldet beschädigt worden (Haftpflichtfall), haben Sie das Recht, es von einem unabhängigen Sachverständigen Ihrer Wahl begutachten zu lassen. Ein von der gegnerischen Haftpflicht-Versicherungsgesellschaft gestellter Sachverständiger muss von Ihnen nicht akzeptiert werden!
Was kostet mich das Gutachten?
Das Sachverständigenhonorar wird mittels Sicherungsweiser Abtretung direkt mit der gegnerischen Versicherungsgesellschaft abgerechnet, so dass Sie nicht in Vorleistung treten müssen. Die gilt auch für sogenannte „Bagatellschäden“( Reparaturkosten unter 750 Euro und unstreitige Verursachung). Hier wird ein Kurzgutachten erstellt, das gegenüber den üblichen Kostenvoranschlägen von Werkstätten neben der Schadenbezifferung auch Lichtbilder umfasst. Bei selbst verschuldeten Schäden oder Schäden durch Wild, Sturm, Hagel, Wasser, Feuer, Einbruch oder Diebstahl (Kaskoschäden) wenden Sie sich bitte zunächst an Ihren Kasko-Versicherer, da hier Vertragsrecht nach AKB zum Ansatz kommt. Die Kosten eines von Ihnen eingeholten Gutachtens sind vom Kaskoversicherer zu erstatten wenn:
– Ihnen dies die Versicherungsgesellschaft bestätigt. ( wichtig! notieren Sie den Name des Gesprächspartners/Sachbearbeiters )
– dem Sachverständigen der Versicherungsgesellschaft keine zeitnahe Besichtigung möglich ist;
– das Gutachten des von der Versicherungsgesellschaft beauftragten Sachverständigen
fehlerhaft ist.
Darf ich eine Wertminderung verlangen?
Man geht davon aus, dass nach vollständig sachgemäßer Wiederherstellung keine technische Minderung eintritt. Dennoch ist es möglich, dass sich bei Veräußerung des instand gesetzten Fahrzeugs eine kaufmännische Minderung (merkantile Wertminderung) niederschlägt. Diese Wertminderung muss Ihnen die gegnerische Versicherungsgesellschaft im Haftpflichtschadenfall erstatten. Sie ist im Schadengutachten des Sachverständigen ausgewiesen.
Kann ich mir die Schadensumme auszahlen lassen?
Sie haben grundsätzlich die Möglichkeit, sich die Schadensumme gemäß der Schätzung des Sachverständigen fiktiv auszahlen zu lassen, auch ohne das Fahrzeug reparieren zu lassen. Ein evtl. merkantiler Minderwert muss auch in diesem Fall erstattet werden. Allerdings sieht die aktuelle Gesetzgebung vor, dass für Schäden nach dem 01.08.02 die MwSt. nur noch auszuzahlen ist, wenn sie tatsächlich angefallen ist. Im Reparaturfall sind ohne Rechnungslegung die Netto-Reparaturkosten maßgebend.
Im Totalschadenfall ist für die fiktive Abrechnung ohne Nachweis der Ersatzbeschaffung der Wiederbeschaffungswert ohne MwSt. maßgebend. Zusammenhängend ist hier auf die im Handel von Gebrauchtwagen übliche Differenzbesteuerung nach §25a UStG hinzuweisen, nach der im Bruttopreis lediglich ein MwSt-Anteil in der Höhe der vom Händler zu versteuernden Handelsspanne zwischen Einkauf und Verkauf enthalten ist.
Kann ich einen Ersatzwagen in Anspruch nehmen?
Ist Ihr Fahrzeug reparaturwürdig, können Sie sich bei unverschuldetem Unfall einen Ersatzwagen für die Zeit der Reparatur auf Kosten der Versicherungsgesellschaft anmieten. Sollte Ihr Fahrzeug nicht mehr reparaturwürdig sein, können Sie sich im Haftpflichtfall für die vom Sachverständigen angesetzte Wiederbeschaffungsdauer ein Ersatzfahrzeug anmieten, wenn Ihr beschädigtes Fahrzeug nicht mehr verkehrssicher ist.
Doch Vorsicht! Dabei müssen Sie einiges beachten. Im Reparaturfall sind Sie aufgrund Ihrer Schadenminderungspflicht gehalten, den Reparaturauftrag schnell zu erteilen und für eine zügige Reparaturdurchführung zu sorgen.
Zur Vermeidung von Kostenrisiken sollten Sie Preisvergleiche mehrerer Vermieter einholen und darauf achten, dass möglichst ein Fahrzeug der nächst niedrigeren Klassifizierung angemietet wird. Sprechen Sie sich ggf. mit der Versicherungsgesellschaft ab.
Sollten Sie auf einen Mietwagen verzichten, haben Sie Anspruch auf Erstattung einer Ausfallentschädigung gemäß des im Gutachten angegebenen Tagessatzes wenn:
– die Reparatur nachgewiesen wird. Dies kann z. B. mittels Rechnung der Werkstatt geschehen. Dann wird die tatsächliche Dauer der Reparatur zu Grunde gelegt. Auch der Sachverständige kann die Reparatur bestätigen. Es wird dann die von ihm geschätzte Dauer veranschlagen.
– das Fahrzeug im Totalschadenfall nicht mehr verkehrssicher ist. Hier müssen Sie meist den Nutzungswillen nachweisen. Voraussichtlich wird die Versicherungsgesellschaft dazu einen Verwertungsnachweis, z. B. Abmeldung oder einen Verkaufsbeleg verlangen. Häufig ist auch der Fahrzeugschein des anschließend erworbenen Fahrzeugs vorzulegen.
Fachbegriffe verständlich gemacht
Wiederbeschaffungswert
Der Wiederbeschaffungswert wird definiert als der Betrag, den der Geschädigte für ein seinem Fahrzeug vor Eintritt des Unfalls vergleichbares Fahrzeug bei einem seriösen Kfz-Händler aufwenden muss. Der Sachverständige berücksichtigt bei Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes alle wertbildenden Faktoren sowie die örtliche Marktlage.
– Der Wiederbeschaffungswert ist stets dann Berechnungsgrundlage für die Schadenersatz ansprüche des Geschädigten, wenn das verunfallte Fahrzeug einen Totalschaden erlitten hat. (vgl. § 249 BGB)
Restwert
Der Restwert bezeichnet den Wert des nicht reparierten Unfallfahrzeuges. Dieser wird vom unabhängigen Sachverständigen unter Berücksichtigung des konkreten Schadenbildes und regionaler Marktgegebenheiten ermittelt.
– Grundlage der Restwertermittlung durch den Kfz-Sachverständigen im Kraftfahrzeughaftpflichtschaden sind die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 06.04.1993, Az. VI ZR 181/92 und vom 30.11.1999, Az. VI zR 219/98: Der Kfz-Sachverständige hat unter Berücksichtigung dieser Entscheidungen bei der Restwertermittlung den dem Geschädigten zugänglichen allgemeinen regionalen Markt zu berücksichtigen. Der BGH hat in beiden Entscheidungen die besondere Situation des Geschädigten berücksichtigt, dem eine unkomplizierte Schadenbeseitigung möglich sein muss. Hierzu zählt auch, dass sich der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall in erster Linie an seinen Kfz-Betrieb wenden können soll und er nicht auf ihm regelmäßig nicht zugängliche Märkte verwiesen werden darf.
Merkantiler Minderwert
Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall hat der Geschädigte in der Regel Anspruch auf Ersatz der so genannten merkantilen Wertminderung. Dabei handelt es sich um den Betrag, den der geschädigte Autofahrer für sein Fahrzeug auch nach einer fachgerechten Reparatur bei einem Verkauf von einem potentiellen Käufer weniger erhalten würde, weil diesem Käufer gegenüber darauf hingewiesen werden muss, dass es sich um einen reparierten Unfallschaden handelt. Die merkantile Wertminderung ist nicht grundsätzlich beschränkt auf Fahrzeuge jünger als 5 Jahre oder Laufleistung weniger als 100.000 km. Nach der neueren Rechtsprechung fällt merkantile Wertminderung je nach Schwere der Reparatur unabhängig von den vorgenannten Kriterien an. Auch bei fiktiver Abrechnung ist die merkantile Wertminderung auszugleichen.
Nutzungsausfall
Der Geschädigte, der für die Dauer der Instandsetzung seines beschädigten Fahrzeugs keinen Mietwagen in Anspruch nimmt, hat grundsätzlich Anspruch auf Ausgleich der entgangenen Nutzung seines beschädigten Pkw.
– Die Höhe des Nutzungsausfallsatzes richtet sich nach dem beschädigten Fahrzeug. Der konkrete Tagessatz kann beispielsweise der Nutzungsausfallentschädigungstabelle „Sanden, Danner, Küppersbusch“ entnommen werden. Häufig kürzen Versicherer bei Fahrzeugen ab einem bestimmten Alter die Nutzungsausfallentschädigung auf einen zum Teil deutlich geringeren Betrag. Die Rechtsprechung hierzu ist uneinheitlich.
Fiktive Abrechnung
Im Haftpflichtschadenfall hat der Geschädigte nach wie vor die Verfügungsgewalt über sein verunfalltes Kraftfahrzeug. Letztlich entscheidet er – nach Rücksprache mit der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners – ob und ggf. wo das Fahrzeug repariert wird. Es besteht die Möglichkeit, den entstandenen Schaden nach Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen abzurechnen. Diese Art der Regulierung bezeichnet man als fiktive Abrechnung.
Porsche-Urteil / Karosseriebaumeister-Urteil
Unter dieser Bezeichnung ist ein Revisionsurteil des Bundesgerichtshofes vom 29. April 2003 (AZ VI ZR 398/02) bekannt geworden, in dem entschieden wurde, dass der Geschädigte im Schadenrecht grundsätzlich Anspruch auf Erstattung der Stundenverrechnungssätze einer Marken-Werkstatt hat, auch für den Fall, dass er nicht instand setzt. In der zweiten Entscheidung (AZ VI ZR 393/02) hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass der Geschädigte Anspruch auf Erstattung der Reparaturkosten hat, falls diese unterhalb des Wiederbeschaffungwertes liegen und der Geschädigte sein Fahrzeug weiter nutzt, sofern die Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeuges entweder nach wie vor gegeben ist oder durch die Reparatur – gleich welcher Qualität – wieder hergestellt wird.
130 %-Grenze
Die Rechtsprechung hat dem Geschädigten die Möglichkeit eingeräumt, trotz Vorliegen eines Totalschadens sein Fahrzeug instand setzen zu lassen, wenn die Reparaturkosten zuzüglich einer eventuellen merkantilen Wertminderung kleiner als 130 % des Wiederbeschaffungswertes sind. Voraussetzung ist allerdings, dass der Geschädigte sein Fahrzeug fachgerecht und im Wesentlichen nach den gutachterlichen Vorgaben instandsetzt. Die Rechtsprechung stellt in diesen Fällen sehr strenge Anforderungen an die Qualität der Reparatur und es ist immer mit einer Nachbesichtigung zu rechnen, falls das Fahrzeug nicht in einer Fachwerkstatt repariert wurde. Werden bei der Reparatur die prognostizierten Reparaturkosten überschritten und liegen damit oberhalb von 130 %, hat der Versicherer gleichwohl die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten zu erstatten, soweit sie unfallbedingt sind.
Bagatellschadengrenze
Die Bagatellschadengrenze bezieht sich ausschließlich auf die Frage der Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten im Haftpflichtschadenfall. Dabei ist entscheidend, ob es für einen technischen Laien – der der Geschädigte in der Regel ist – ohne Weiteres erkennbar ist, dass ein äußerst einfach gelagerter Schaden vorliegt. Nach herrschender Rechtsprechung ist nicht davon auszugehen, dass ein Bagatellschaden vorliegt, wenn die Reparaturkosten sich oberhalb von 750,00 € bewegen.